Anlass-Stifter – Eine Wortschöpfung von Hans Kolde
Schon geraume Zeit vor seinem sechzigsten Geburtstag hatte sich Werner S. Gedanken gemacht, was er sich wohl wünschen sollte. Er freute sich auf das große Fest mit vielen Gästen, doch fiel ihm kein geeigneter Wunsch ein, denn seine regelmäßigen Urlaube auf Juist sicherten ihm Erholung und gesundheitliches Wohlergehen – mehr brauchte er einfach nicht. Dann drückte ihm jemand den Flyer der Juist-Stiftung in die Hände und er hatte die Idee: Sein runder Geburtstag sollte Anlass sein, in seiner Familie und dem Freundeskreis etwas Geld für die Juister Bürgerstiftung zu sammeln.
Bürgerstiftungen wie die Juist-Stiftung existieren in Deutschland seit fast zwanzig Jahren. Sie sind gemeinnützig, auf die Region bezogen und setzen den Erlös des Stiftungskapitals für das Gemeinwohl ein. Da ihr Kapital nicht angegriffen werden darf und die Zinsen zur Zeit sehr niedrig sind, gibt es über Zustiftungen hinaus die Möglichkeit der Geldspenden. Diese Möglichkeit wurde von der Juist-Stiftung bereits mehrfach genutzt, um gezielt Geld für spezielle Aufgaben einzuwerben. So entstand im letzten Jahr der Mehrgenerationen-Fitnessparcours im Janus-Park, und als bisher größtes Projekt konnte das Leuchtfeuer des Juister Leuchtturms renoviert werden. Doch unabhängig von Projekten soll jetzt verdeutlicht werden, dass mit einem Anlass auch eine Zustiftung verknüpft werden kann.
„Immer wieder werden wir gefragt, wie man die Stiftung langfristig unterstützen kann“, so Vorstand Dieter Brübach, „und dann mache ich deutlich, dass eine Zustiftung dauerhaft erhalten bleibt“. Der grundlegende Gedanke der Bürgerstiftungen, die sich in der Regel an die „10 Merkmale einer Bürgerstiftung“ halten, ist der Aufbau von Stiftungskapital, aus dessen Erlös dann die Arbeit finanziert wird. Der bekannte Pädagoge Hans Kolde, Gründungsstifter und Stiftungsratsmitglied der Juist-Stiftung, möchte mit der Wortschöpfung „Anlass-Stifter“ in besonderer Weise diejenigen Unterstützer geehrt wissen, die vielleicht nicht über große finanzielle Möglichkeiten verfügen. „Es kommt nicht immer darauf an, dass jemand selbst Geld stiftet. Viel wichtiger sind die kleinen Beiträge Vieler. Ich denke, dass es etwas besonderes ist, wenn jemand einen Anlass nutzt, um Geld für die Stiftung zu sammeln“, weiß sich Hans Kolde einig mit allen Stiftungs-Aktiven.
Nicht alle Anlässe sind so erfreulich wie der runde Geburtstag von Werner S. oder vielleicht ein Firmenjubiläum. Gerade bei Trauerfällen kommt es den Angehörigen darauf an, die Verbundenheit des Verstorbenen mit Juist als Anlass für eine Zustiftung zu nehmen. Die Trauernden wissen dann, dass ihr Andenken sozusagen auf Ewigkeit gewahrt wird. Sichtbares Zeichen für diesen Gedanken sind beispielsweise die Gedenkstelen, die die Juist-Stiftung vor Jahren auf den Inselfriedhöfen errichtet hat. Sie sollen als Gedenkstätte für diejenigen dienen, die auf See bestattet wurden und bieten damit zwei besondere Orte auf der Insel, an denen Trauernde Trost finden können.
Bei der Suche nach weiteren Anlässen unterstützen die Stiftungs-Aktiven alle Interessierten. „Ich würde gerne in Zukunft die Autofreiheit Juists mit der Idee der Anlass-Stiftung verbinden“, sagt Heinz Alenfelder aus Köln, der sich als neues Stiftungsratsmitglied dem Umweltschutz verpflichtet sieht: „Vielleicht gibt es auf dem Festland Urlauber, die autofrei wohnen und beispielsweise Erlöse eines Sommerfests der Juist-Stiftung zukommen lassen möchten“. Und vielleicht ist ja sogar einmal ein Kindergeburtstag ein Anlass für eine Zustiftung. Schließlich zählt nicht die Summe, sondern der Einsatz für den guten Zweck.